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Vergleich: La Marzocco GS3 MP, GS3 AV, Linea Mini Standard, Linea Mini EP

  • von machinesforbeans / Bob de Cafea / Bertram Unrath
  • 20 Okt., 2018

In diesem Beitrag teilen wir die Erfahrungen mit verschiedenen Maschinen des Herstellers La Marzocco mit euch und versuchen einen subjektiven Vergleich, der auf unseren persönlichen Anforderungen basiert.

Dieses Mal wollen wir unsere persönlichen Erfahrungen zu den oben genannten Maschinen des Herstellers La Marzocco mit euch teilen. Die verschiedenen Maschinen waren oder sind derzeit noch in unserem Besitz und wir haben an jeder in einem Zeitraum von 2016 bis heute eine Menge Espressi hergestellt. Bevor wir mit dem Verkauf von Espressomaschinen begannen haben wir anderthalb Jahre in einer Rösterei gearbeitet, so das wir wissen, wie die von uns verwendeten Bohnen schmecken müssen, um das optimale Ergebnis in der Tasse zu erreichen. Hierzu stand uns eine dreigruppige LM Strada EP zur Verfügung. In der Kaffeeszene bewegen wir uns in Gänze seit sieben Jahren und der Fokus lag dabei stets auf Espressomaschinen, diese haben uns von Anfang an fasziniert.

Mit dem folgenden Erfahrungsbericht möchten wir uns nur auf die Unterschiede zwischen den Espressomaschinen fokussieren, technische Daten bzw. Dinge die sowieso schon jeder über die Maschinen weiß tauchen hier nicht auf. Die gemachten Erfahrungen sind auch rein subjektiv und sind keinesfalls der Weisheit letztes Ende. Die Erkenntnisse könnten dem ein oder anderen Interessenten jedoch eine kleine Hilfestellung bei der Auswahl der zukünftigen Espressomaschine sein. Alle Maschinen die in diesem Beitrag vorkommen sind in der Lage beste Ergebnisse zu erzielen, sie unterscheiden sich nur in Nuancen vom Ergebnis in der Tasse. Für dunkle Röstungen wurde eine 2014 HG one Handmühle und für mittlere bis helle Röstungen eine EK43s von Titus Grinding genutzt.

La Marzocco GS3 MP

Abbildung1: Die GS3 MP bei uns auf der Kaffeebar.

Die GS3 MP stand bei uns fast zwei Jahre in der Küche und wurde auch auf das ein oder andere Event im Rahmen unserer Tätigkeit in einer Rösterei mitgenommen. Wir waren mir den Ergebnissen stets sehr zufrieden. „Die Maschine holt noch aus jedem Kaffee etwas raus“, war der Satz der uns in Bezug auf diese Maschine im Gedächtnis geblieben ist. In der Brühgruppe befindet sich ein konisches Ventil, mit dem mechanisch Einfluss auf den Brühdruck während des Bezugs genommen werden kann in dem man die Position des auf der Brühgruppe verbauten „Paddles“ verändert. Der Bereich in dem dieser Einfluss genommen werden kann ist allerdings sehr klein, so dass es ein wenig Übung erfordert bis man weiß bei welcher Position des Paddles welcher Brühdruck anliegt.

Dazu der Hersteller:

„Dieses konische Ventilsystem erlaubt die progressive Kontrolle von Wasserfluss und Druck durch eine interne Öffnung, bevor der volle Brühdruck angelegt wird. Das neue konische Paddle- Ventil kontrolliert die Preinfusion, während die Rotationspumpe mit vollem Druck läuft. Dieses dynamische System erlaubt es dem Barista, Channeling zu reduzieren und führt zu einer gleichmäßigeren Extraktion.“

Abbildung2: Funktionsbereich LM GS3 MP "Paddle (Quelle: http://international.lamarzocco.com/de/gs3-de/)

Dieses Konzept nimmt keinen Einfluss auf den Pumpendruck, die Pumpe läuft mit voller Leistung, sondern auf die Durchflussrate des Wassers. Das überschüssige Wasser wird in die Abtropfschale abgeleitet. Wenn man also mit einer langen Preinfusionsphase arbeitet, landet sehr viel Wasser aus dem Tank ungenutzt in der Abtropfschale. Mit ein bisschen Übung sind hier jedoch sehr gute Ergebnisse möglich.

Für uns ergeben sich hieraus zwei kleine Kritikpunkte an der GS3 MP

  •  Solange das konische Ventil nicht geöffnet ist (Stellung „Full preassure“ des Paddles Abb.2) landet sehr viel Wasser in der Abtropfschale. Bei uns war ein kompletter Tank im Extremfall nach vier bis fünf Espressi leer.
  • Die Reproduzierbarkeit einzelner Brühdrücke bspw. 3 Bar fiel uns wegen des kleinen Reaktionsbereichs des Paddles nicht immer leicht, so dass es sehr schwierig war eine gewisse Konstanz der Ergebnisse in der Tasse zu erreichen. Die Ergebnisse waren aber stets immer sehr gut nur eben anders.

La Marzocco Linea Mini (Standard)

Abbildung3: Linea Mini Standard (babyblau) auf der Kaffeebar.

Irgendwann musste die GS3 MP gehen und eine Linea Mini zog ein. Der Beweggrund hierfür war ursprünglich tatsächlich mit einer Maschine einfach nur guten Kaffee zu zubereiten, ohne die ganzen Features der GS3. Bei der Linea Mini kommt weniger Elektronik zum Einsatz, sie ist eigentlich auf das Wesentliche reduziert. Die verbauten „Barista Lights“ sind allerdings ein nettes Feature, das die GS3 nicht hat und das wir heute auch nicht mehr missen wollten. Das verbaute Paddle dient nur zum Starten und zum Beenden des Brühvorgangs. Beim Starten des Bezugs wird der Kaffee mit etwas Wasser benetzt und eine Sekunde später fängt die Pumpe mit voller Leistung an zu laufen. Dies ist die Art Preinfusion zu der die Maschine in der Lage ist. Jetzt gibt es im Netz viele Diskussionen, ob diese Maßnahme ausreichend ist und die Ergebnisse in der Tasse besser werden würden, wenn die Maschine, auf welche Art auch immer, eine variable Preinfusion zulassen würde. Wir haben persönlich die Erfahrung gemacht, dass die Linea Mini wenige Fehler im Workflow verzeiht. Man muss mit hoher Präzision vorgehen, um dieser Maschine beste Ergebnisse zu entlocken. Dies galt für uns aber auch nur für dunkle, eher anspruchslose Bohnen und Röstungen. Bei mittleren und hellen Röstungen lagen die Ergebnisse stets unterhalb derer der GS3 MP. Als Zweitmaschine stand bei und noch eine Dualboiler Espressomaschine mit PID und E61 Brühgruppe (Profitec Pro600) und die Ergebnisse waren bei manchen Bohnen für uns oftmals „runder“, wobei dies auch nur unseren persönlichen Geschmack widerspiegelt. Klar, sowas hört keiner gerne der eine Linea Mini besitzt aber insgesamt würden wir hier, auf die gesamte Bandbreite von hellen und dunklen Bohnen eine Maschine mit E61 Brühgruppe bevorzugen. Jedoch ahnten wir zu diesem Zeitpunkt woran dies liegen könnte und suchten eine Lösung. Der Ansatz: Die Linea Mini mit ihren vergleichsweise kleinen Boilern mit der Funktionalität einer GS3 MP oder gar einer Strada EP auszustatten.

La Marzocco GS3 AV

Abbildung4: LM GS3 AV auf der Kaffeebar.

Innerhalb kurzer Zeit war jemand gefunden, der dieses Projekt für uns realisieren konnte und bereits Erfahrung mit diesem Umbau hatte. Zwischenzeitlich musste für die Umbauzeit eine Maschine her, die wir noch nicht in den Händen hatten aber auch beste Ergebnisse in der Tasse versprach. Es wurde also wieder eine LM GS3 aber diesmal in der AV Variante. AV bedeutet in diesem Kontext, automatic version, dies bedeutet, dass diese Maschine kein Paddle auf der Brühgruppe besitzt und Dinge wie die Dauer der Preinfusion und die Durchlaufmenge programmiert werden können und der Bezug über eine Tastatur gestartet wird, die sich an der Gehäusevorderseite befindet. Die Preinfusion wird bei dieser Maschine nachfolgendem Schema realisiert: Die Pumpe fängt an mit voller Leistung eine einstellbare Zeit zu laufen, nach dieser Zeit wird die Pumpe eine weitere einstellbare Zeitspanne bei vollem anliegenden Druck gestoppt und dem Mahlgut Zeit zum Quellen gegeben, nach Ablauf dieser Zeit fängt die Pumpe wieder an zu arbeiten und die Bezugszeit läuft weiter, bis die gewünschte Menge an Espresso erreicht ist.

Mit dieser Maschine ist also ein Lineares Druckprofil möglich, die Pumpe läuft stets mit dem maximalen Brühdruck, der durch den Mahlgrad des Mahlgutes und/oder den Bypass an der Rotationspumpe und/oder der Einstellung des Expansionsventils vorgegeben wird.

Die Ergebnisse waren mit etwas Feintuning an den Variablen der Preinfusion durchaus wieder auf Niveau der GS3 MP und hatten geschmacklich eine erfreulich hohe Konstanz. Jedoch musste bei dem bei uns sehr häufigen Bohnenwechsel immer sehr viel an der Maschine programmiert werden bis sich absolute Zufriedenheit mit den Ergebnissen einstellte. Dies ging uns, wir haben immer mindestens fünf verschiedene Röstungen im Schrank, immer mehr auf die Nerven. Wenn man also stets seine Standardbohne im Hopper hat und morgens mit einem Knopfdruck stets einen sehr guten Espresso trinken möchte, dann ist die GS3 AV sehr zu empfehlen, für helle und für dunkle Röstungen.


Linea Mini EP

 Nach sechs Wochen haben wir dann unsere umgebaute Linea Mini EP abholen können. EP bedeutet in diesem Kontext Electronic Paddle und ist von der Funktionsweise an die der La Marzocco Strada EP angelehnt. Die Maschine hat eine stufenlos regelbare Getriebepumpe und Elektronik, die die jeweilige Position des Paddles erfasst, bekommen. Jetzt ist mit dem Paddle der Linea Mini die stufenlose Regelung der Pumpe möglich. Der Funktionsbereich ist recht groß, so dass man schnell lernt welcher Brühdruck bei welcher Stellung des Paddles anliegt. Zudem ist die neue Pumpe in allen Betriebsbereichen und vor allem bei der Kesselbefüllung wesentlich leiser als die vormals verbaute Standard-Rotationspumpe. Lediglich ein zweiter Netzstecker deutet auf den Umbau hin, die Pumpe hat also einen eigenen Energieversorgungskreislauf bekommen. Diese Maßnahme sorgt dafür, dass tiefere Eingriffe in die bestehende Elektronik der Espressomaschine vermieden wurden und der Umbau komplett rückgängig gemacht werden kann. Die Maschine bietet jetzt aber die Möglichkeit freien Einfluss auf die Dauer der Preinfusion und den gesamten Brühdruckverlauf zu nehmen. Dabei wird kein Wasser verschwendet, es liegt der Brühdruck an, den die Pumpe mit der gewünschten Drehzahl erzeugt. Theoretisch also 10 Sekunden Preinfusion bei 3 bar, hoch auf neun bar und zum Ende wieder runter auf 6 bzw. 3 bar, wie man möchte. Damit ist man unserer Meinung nach in der Lage die Brühdruck-Profile verschiedener Espressomaschinen(-konzepte) wie bspw. das einer Handhebelmaschine zu simulieren. Auf die Funktionalität, Brühdruckprofile zu speichern haben wir verzichtet, da wir dieses Feature auch bei der Strada EP nie genutzt haben, weil es einfach zu viel Spaß macht die volle Kontrolle über den Espressobezug zu haben.

Nach kurzer Eingewöhnungszeit sind mit dieser Maschine in dieser Ausbaustufe sind unserer Erfahrung nach Ergebnisse auf Niveau einer Strada EP möglich. Wenn man sich mit den verwendeten Kaffees auskennt stellen sich schnell optimale Ergebnisse ein. Die Konstanz dieser Ergebnisse ist unseres Erachtens nach höher als bei der GS3 MP, da, wie bereits geschrieben der Funktionsbereich des Paddles größer ist. Sogar Shots die durch ewige Preinfusion insgesamt 50 Sekunden laufen sind immer noch oder gerade deswegen (?) von höchster Qualität und vom Geschmack her außerordentlich gut.

Das folgende Video zeigt einen Espresso Shot aus der modifizierten Maschine, achtet hierbei auf die Brühdruckanzeige rechts und auf das Geräusch der Pumpe.

Fazit:

Für unsere Anforderungen ist bisher die umgebaute Linea Mini die beste Maschine die wir je in den Fingern hatten. Die Boiler der GS3 MP und AV waren uns im Nachhinein zu überdimensioniert für einen Privathaushalt. Mit der Menge an Wasser das ungenutzt in der Abtropfschale landete konnten wir uns nie richtig anfreunden und der Funktionsbereich des mechanischen Paddles war uns zu klein. Die Ergebnisse in der Tasse der Linea Mini in der Standardkonfiguration, bei der das verbaute Paddle nur in gewisser Weise ein Ein/Ausschalter ist, stellten und nicht wirklich zufrieden, nicht in dieser Preisklasse. Bei der GS3 AV hat uns der Konfigurationsaufwand bei einem Wechsel der Bohne genervt. Die umgebaute Linea Mini EP hingegen wird vorerst einen festen Platz bei uns behalten und wird immer fleißig weiter getestet, bis es uns gelingt das volle Potential der Maschine auszuschöpfen.

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